Ein Zeitfenster vor 400 Mio. Jahren
Die Feingliedrigkeit ist "Fluch und Segen" der Bundenbach-Fossilien. Viele Museen schrecken davor zurück, die kleinen schwarzen Täfelchen, oft nicht mehr als Handteller-groß, zu präsentieren - in einer Zeit, wo der Museumsbesuch oftmals zum multimedialen Erlebnis stilisiert wird. Die Stücke sind aber eben nur auf den ersten Blick unscheinbar. Sie zwingen den Betrachter zum genauen Hinsehen und belohnen ihn, sofern fachgerecht präpariert, mit delikaten Details, die nicht nur wissenschaftlich interessant sind, sondern auch von einer eigenen graphischen Qualität. Nachfolgende Detail-Aufnahmen laden dazu ein.
Im folgenden wird das Augenmerk gerichtet auf ein spezielles Organ unterschiedlicher Ausprägung im Detail, den Ventralsack, zur Nahrungsverwertung und Fortpfanzung, überliefert in einer Vielzahl kleinster Calzitelemente.
Bathericrinus hystrix zählt zu den skurrilsten Vertretern der Seelilien in Bundenbach. Der Namen (lat. hystrix = Stachelschwein) leitet sich ab von dem großen Ventralsack (bzw. Analsack), der an der Spitze bis zu 10 lange Stacheln zur Abwehr von Feinden aufweist.
Eine Platte zeigt bei genauerer Betrachtung die Besonderheit (bislang nicht beschrieben) einer zusätzlichen Bestachelung, ungefähr mittig angeordnet:
Die Annahme, es handele sich um einen freischwimmenden Comatuliden, wird auch durch folgendes Belegstück widerlegt.
Rhadinocrinus ist gekennzeichnet durch einen langen, schlanken und oft mehrmals gebogenen Ventralsack, nachfolgend ein Jungexemplar, nur wenige Zentimeter groß:
Probleme in der Zuordnung bereitet folgende, vielleicht bislang unbekannte Art mit eigentümlicher Strukturierung:
Das (ästhetische) Interesse gilt nachfolgend den Sterntieren. Charakteristische Vertreter aus Bundenbach werden genauer betrachtet.
Bundenbachia benecki, ein Schlangenstern mit typisch langen, peitschenartigen Armspitzen.
Euzonosoma tischbeinianum, ebenfalls ein Schlangenstern, wirkt sehr robust mit seiner großen Scheibe und den blockartig runden Randplatten.
Medusaster rhenanus ist von anderem Habitus: Ein kleiner, graziler Schlangenstern mit vereinzelt zarten Stacheln.
Heliantaster rhenanus, der große Bruder von Medusaster, ein Seestern mit über 20 cm, im Detail ist die Madreporenplatte erkennbar.
Hystrigaster horridus, ebenfalls ein "echter" Seestern, macht seinem Namen alle Ehre (lat. Hystrix horridus = borstiges Stachelschwein).
Jaekelaster petaliformis, ein weiterer klassischer Seestern, mit dichtem Stachelkleid.
Palaeostella solida, auch er ein Seestern, von kleinem, gedrungenem Habitus.
Urasterella asperula, der häufigste Seestern im Hunsrücks mit langen Stacheln besetzt.
Loriolaster mirabilis, ein Schlangenstern mit dünner Schwimmhaut, trägt seinen Artnamen aus gutem Grund (lat. mirabilis = wunderbar).
Dieser Stamm liefert im Detail den größten Reichtum an Informationen. Als Spezialthema gewählt werden im folgenden die Augen.
Rhenops anserinus, ein Vertreter der Trilobiten, mit großen Facettenaugen.
Nahecaris stuertzi, eine große Blattkrabbe mit einem Paar großer, rundlicher Stielaugen.
Oryctocaris balssi, der kleine Bruder, ebenfalls mit deutlich sichtbaren Stielaugen.
Mimetaster hexagonalis, ein Scheinstern, der in Mimikrie einem Seestern ähnelt. Das Exemplar lässt bei genauerer Betrachtung Augenpaare erkennen, eine absolute Rarität.
Fische zählen ebenfalls zu den Raritäten im Hunsrückschiefer, weshalb mein Bildmaterial überschaubar ist. Veranschaulichen möchte ich Details von zwei Kieferlosen (Agnatha).
Gemuendina stuertzi, wenngleich nur die Vorderseite in ventraler Lage erhalten, zeigt zwei Besonderheiten im Detail. Gut erkennbar sind zum einen die Tuberkelreihen (Hautzähnchen) am Vorderrand des Kopfes. Des weiteren sichtbar ist das "Rautenmuster" auf der Brustflosse. Letzteres besteht (von innen nach außen) ventral aus einer Basalplatte und aus bis zu drei Reihen von Radialplatten (proximale größere und breitere, mittlere kürzere und schmalere und distale, die nur hinten entwickelt sind). An dieser Stelle vielen Dank an Hermann Lintz und Wouter Suedkamp!
Eine Auswahl
schönster Stücke
Eine in Vergessenheit geratene Fertigkeit
Bilder aus alten Zeiten und Wissenschaft
In eigener Sache:
Fossiliengesuch